Belegnachweise im innergemeinschaftlichen Warenverkehr

Ihre innergemeinschaftlichen Lieferungen bleiben im Ergebnis nur dann steuerfrei, wenn Sie nachweisen können, dass die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit vorliegen.

Ihre innergemeinschaftlichen Lieferungen bleiben im Ergebnis nur dann steuerfrei, wenn Sie nachweisen können, dass die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit vorliegen.

Seit dem 1. Januar 2020 stehen Ihnen sowohl die neuen EU-weiten Regelungen über die Nachweispflichten (so genannter “Vermutungstatbestand”) als auch die bisherigen nationalen Regelungen zur Verfügung. Aus Gründen der Übersichtlichkeit hat der deutsche Gesetzgeber die neuen und erstmaligen Regelungen der EU-Mehrwertsteuer-Durchführungsverordnung (Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 – ABl. EU L 077 vom 23.03.2011, S. 1) in § 17a der deutschen Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) übernommen. Die bisherigen nationalen Regelungen finden Sie jetzt in § 17b UStDV. 

Bis auf eine Ausnahme, auf die wir im Folgenden noch eingehen werden, sollten Sie sich grundsätzlich an den bisherigen nationalen Vorschriften orientieren. Das heißt im Ergebnis:

Es bleibt alles wie es bisher war!

Die vorgenannte Ausnahme gilt für den Fall, dass Sie den Transport veranlassen, Sie also die Rechnung des Spediteurs erhalten. Bei diesem Sachverhalt kommt für Sie möglicherweise eine Regelung des Art. 45a (1) Buchst. a) in Verbindung mit Art. 45a (3) Buchst. a) und b) EU-MwSt-DVO in Betracht, die in dieser Variante nicht in § 17a USt-DV übernommen worden ist. Nach Art. 45a (1) Buchst. a) MwSt-DVO können Sie den Nachweis des Verbringens in einen anderen EU-Mitgliedstaat nämlich durch zwei Dokumente nachweisen, die Sie zwangsläufig vorliegen haben, die Sie also nicht zusätzlich beschaffen müssen. Zum einen ist das die Rechnung des Spediteurs und zum anderen der Nachweis der Bezahlung dieser Rechnung. Dieser simple Nachweis gelingt Ihnen allerdings nur dann, wenn Sie in Ihrer Buchhaltung eine Verknüpfung zwischen der Ausgangsrechnung und der Spediteurrechnung haben, die Ihnen einen einfachen und schnellen Nachweis ermöglicht.

Die übrigen EU-Regelungen der MwSt-DVO sind in der Praxis nur selten zu erfüllen. Im Folgenden stellen wir Ihnen sowohl die EU- als auch die nationalen Regelungen im Einzelnen vor:

I.    EU-Regelungen der MwSt-DVO

A.    Sie veranlassen den Transport

Erste Variante
Es liegen Ihnen zwei Versandunterlagen (z.B. vom Empfänger unterzeichneter CMR, Konnossement, Luftfracht-Rechnung oder Rechnung des Beförderers) vor, die von unabhängigen Parteien ausgestellt sind und sich nicht widersprechen.

Insbesondere im Fall des LKW-Transports mit CMR ist es häufig schwierig, einen vom Empfänger unterschriebenen CMR zu erhalten. Darüber hinaus verlangt die deutsche Finanzverwaltung auch noch, dass der CMR “schulmäßig ausgefüllt” ist. Allein dies ist in der Praxis selten der Fall, sodass der Nachweis über diese Variante überwiegend scheitern dürfte.

Zweite Variante
Es liegt Ihnen eine der vorgenannten Versandunterlagen und zusätzlich eines der folgenden Dokumente vor:

  • Versicherungspolice für den Versand oder Bankunterlagen, die die Bezahlung des Versands belegen (dies ist die vorgenannte Ausnahme),
  • von einer öffentlichen Stelle (z.B. Notar) ausgestellte Ankunftsbestätigung (Diese Variante dürfte u.E. – wenn überhaupt – nur für seltene Ausnahmefälle in Betracht kommen, da die Berufsgruppe der “Wareneingangsnotare” noch nicht sehr verbreitet ist),
  • von einem Lagerinhaber ausgestellte Bestätigung über die Einlagerung.

Zusammengefasst: Wenn Sie den Transport veranlassen, benötigen Sie zwei Dokumente, die von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden. Bis auf die oben erwähnte Ausnahme ist diese Form – im Verhältnis zu den nationalen Regelungen – zu aufwändig.

B.    Ihr Kunde oder – im Fall eines Reihengeschäfts – eine andere Partei als Sie veranlasst den Transport

Sie besitzen

  • eine schriftliche Erklärung des Käufers, dass er die Ware erhalten hat (wir nennen dies hier die “EU-Gelangensbestätigung”) und die Ihnen bis zum 10. des auf den Verkauf folgenden Monats vorliegt sowie
  • zusätzlichdie Nachweise, die bei einem Transport durch den Verkäufer (vorstehender Abs. A.) erforderlich sind.

Zusammengefasst: Wenn eine andere Partei als Sie den Transport veranlasst, benötigen Sie insgesamt drei Dokumente, wobei Ihnen die EU-Gelangensbestätigung bis zum 10. des auf den Verkauf folgenden Monats vorliegen muss. Auch diese Nachweisform ist im Vergleich zur nationalen Regelung zu aufwändig.

II.    Nationale Regelungen der UStDV

Die zum Nachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung erforderlichen Belegnachweise richten sich nach der Art des Transports.

1.    Für alle Transportarten, veranlasst durch alle Beteiligten

Aus deutscher Sicht ist die “Gelangensbestätigung”, die Ihnen Ihr Kunde im anderen EU-Mitgliedstaat ausgestellt hat, der optimale Belegnachweis. Dies liegt unter anderem daran, dass dieses Dokument aufgrund gesetzlicher Fiktion als “eindeutig und leicht nachprüfbar” gilt.

Die Gelangensbestätigung ist aber nicht der einzig mögliche Nachweis. Im nächsten Abschnitt soll lediglich auf die wesentlichen anderen Möglichkeiten hingewiesen werden. Können Sie die dort erwähnten Nachweise nicht erfüllen und haben Sie auch keine Gelangensbestätigung, lassen Sie sich bitte von einem Spezialisten beraten; letztlich gibt es viele Möglichkeiten, die erforderlichen Nachweise zu erbringen. Aber merken Sie sich bitte: In der Praxis wird keine Nachweismöglichkeit so sicher sein wie die Gelangensbestätigung. Den Unternehmen kann deshalb nur dringend geraten werden, für ihre innergemeinschaftlichen Lieferungen die Gelangensbestätigung anzufordern und die Nachweismöglichkeit durch andere Belege auf Ausnahmen und Sonderfälle zu beschränken.

Für die Gelangensbestätigung gibt es keinen vorgeschriebenen Vordruck. Sie muss lediglich die in den folgenden Ausführungen näher erläuterten Angaben enthalten. Daher ist es durchaus zulässig, z.B. den herkömmlichen Lieferschein um die erforderlichen Angaben zu erweitern und diesen dann als Gelangensbestätigung zu nutzen. Hierfür sollte dieser Beleg mit der Überschrift „Lieferschein und Gelangensbestätigung“ versehen sein.

In der Praxis wird es sicher das Beste sein, weitgehend vorausgefüllte Gelangensbestätigungen zu versenden, die der Kunde nur noch unterschreiben muss. Außerdem sollte die vorbereitete Bestätigung Felder enthalten, in denen der Kunde Mengendifferenzen und andere Beanstandungen vermerken kann. Von mehreren Unternehmen wird auch Software angeboten, mithilfe derer eine weitgehend automatisierte Lösung möglich ist.

a)    Vorschriften zur Gelangensbestätigung

Mit der Gelangensbestätigung bestätigt Ihr Kunde, dass die gelieferte Ware

– in einem bestimmten Monat
– in einem anderen EU-Mitgliedstaat
– an einem bestimmten Ort

angekommen, sie also dorthin „gelangt“ ist. Damit die Bestätigung als eindeutig und leicht nachprüfbar gilt, muss sie folgende Angaben enthalten:

  • Name und Anschrift des Abnehmers
  • Menge und handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände (bei bestimmten Fahrzeugen auch die Fahrzeug-IdNr.)
  • Ort und Monat des Endes der Beförderung im übrigen Gemeinschaftsgebiet, wenn der Abnehmer den Gegenstand mit eigenem Fahrzeug transportiert (befördert); in allen anderen Fällen Ort und Monat des Erhalts des Gegenstands im übrigen Gemeinschaftsgebiet
  • Ausstellungsdatum der Bestätigung
  • Unterschrift des Abnehmers oder eines von ihm zur Abnahme Beauftragten; bei einer elektronischen Übermittlung ist die Unterschrift nicht erforderlich, sofern erkennbar ist, dass die Übermittlung im Verfügungsbereich des Abnehmers oder des Beauftragten begonnen hat.

In der Regel handelt es sich bei dem Abnehmer um den Kunden des Verkäufers, also um das Unternehmen, das zivilrechtlicher Empfänger der Lieferung ist und den Kaufpreis entrichten muss. Dieses Unternehmen muss aber nicht zwangsläufig auch der Rechnungsempfänger sein. Gerade bei Konzernunternehmen kommt es vor, dass die Rechnung nicht an das Unternehmen geschickt wird, das den Auftrag erteilt hat, sondern an einen zentralen Rechnungsregulierer. In solchen Fällen muss also der tatsächliche Abnehmer und nicht der Rechnungsempfänger die Gelangensbestätigung erteilen.

b)    Auf folgende wichtige Punkte soll besonders hingewiesen werden:

  • In der UStDV wird zugelassen, dass die Gelangensbestätigung elektronisch übermittelt werden darf, selbstverständlich mit der Folge, dass in diesem Fall keine Unterschrift erforderlich ist. Aber es muss erkennbar sein, dass die Übermittlung „im Verfügungsbereich des Abnehmers oder des Beauftragten begonnen hat“.
    Nach den Regelungen im Umsatzsteuer-Anwendungserlass ist von der Erkennbarkeit des Beginns der elektronischen Übermittlung im Verfügungsbereich des Abnehmers insbesondere dann auszugehen, “wenn bei der elektronischen Übermittlung der Gelangensbestätigung keine begründeten Zweifel daran bestehen, dass die Angaben dem Abnehmer zugerechnet werden können (z.B. Absenderangabe und Datum der Erstellung der E-Mail in dem sog. Header-Abschnitt der E-Mail, Nutzung einer im Zusammenhang mit dem Abschluss oder der Durchführung des Liefervertrags bekannt gewordenen E-Mail-Adresse, Verwendung eines zuvor mit dem Unternehmer und dem Abnehmer vereinbarten elektronischen Verfahrens)”. Es ist unschädlich, wenn die E-Mail-Adresse eine Domain enthält, die nicht auf den Absender oder den anderen EU-Mitgliedstaat hinweist (z.B. aol.com, googlemail.com, com).
  • Die Gelangensbestätigung kann nicht nur vom direkten Abnehmer (= vom eigenen Kunden), sondern auch von einem „zur Abnahme Beauftragten“ abgegeben werden. Das bedeutet eine erhebliche Vereinfachung, da nun auch z.B. ein selbstständiger Lagerhalter oder – im Rahmen von Reihengeschäften – der letzte Abnehmer in der Reihe die Bestätigung erteilen kann. In der Begründung zum Referentenentwurf wird dann noch zur Klarstellung erwähnt, dass die Gelangensbestätigung „nicht in jedem Fall persönlich“ durch den Unternehmer selbst (also durch den Vorstand oder den Geschäftsführer) unterschrieben werden muss, sondern dass dies auch ein Arbeitnehmer erledigen darf. (Über diese großzügige Regelung werden sich besonders die Vorstände der großen Konzerne freuen!)
  • Es kann eine Sammelbestätigung für längstens ein Quartal ausgestellt werden und die Gelangensbestätigung braucht nicht alle erforderlichen Angaben zu enthalten, wenn durch Verweise auf andere Dokumente sichergestellt ist, dass sich die erforderlichen Angaben insgesamt ergeben.
  • Die Gelangensbestätigung enthält zwei alternative Aussagen, die ohnehin kaum jemand versteht (und erst recht nicht ein ausländischer Abnehmer). So muss ein Abnehmer, der die Ware selbst abholt (= “Beförderung” des Gegenstands durch den Abnehmer) den Ort und Monat des Endes der Beförderungdes Gegenstands im übrigen Gemeinschaftsgebiet bestätigen; in allen anderen Fällen (z.B. “Versendung” durch Spediteur oder “Beförderung” durch den Verkäufer mit eigenem Fahrzeug) muss der Ort und Monat des Erhalts des Gegenstands im übrigen Gemeinschaftsgebiet bestätigt werden. Dies resultiert letztlich daraus, dass der selbst abholende Käufer bei einer Bestätigung des Erhalts der Ware zwangsläufig noch nicht in einem anderen Mitgliedstaat angelangt ist; er muss erst am Zielort angekommen sein und dann das Ende der Beförderung bestätigen. Durch eine etwas andere Wortwahl hätte diese Begriffsverwirrung aber sicherlich vermieden werden können. Es kann davon ausgegangen werden, dass ein Prüfer eine Gelangensbestätigung nicht anerkennen wird, wenn ein abholender Unternehmer den Erhalt der Ware bestätigt. Er hätte ja das Ende der Beförderung bestätigen müssen. Auch der umgekehrte Fall ist grundsätzlich denkbar. Denken Sie bitte daran, dass es in Zukunft noch häufiger vorkommen wird, dass Nachweise aus formellen Gründen abgelehnt werden. Für den Prüfer zählt ausschließlich das Prüfungsergebnis.

2.    Versendung durch den Käufer

Im Fall einer „Versendung“ durch den Verkäufer oder Abnehmer (also keine „Beförderung“ mit eigenen Fahrzeugen des Verkäufers oder Abnehmers) kann der Nachweis auch durch folgende Belege geführt werden:

  • Versendungsbeleg, insbesondere handelsrechtlicher Frachtbrief (z.B. CMR), sofern dieser schulmäßig ausgefüllt ist und er eine Unterschrift des Empfängers über den Erhalt der Ware enthält. Ein weiterer Versendungsbeleg ist ein Konnossement oder ein Doppelstück davon.
  • Anderer handelsüblicher Beleg, z.B. Spediteurbescheinigung, der ganz bestimmte Angaben enthalten muss, wie z.B. die Menge und die handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Ware, den Bestimmungsort im anderen Mitgliedstaat, den Monat des Endes der Beförderung und – sofern die Spediteurbescheinigung nicht elektronisch übermittelt wird – die Unterschrift des mit der Beförderung beauftragten Unternehmers (nicht mit der Unterschrift eines Unterauftragnehmers). Wird die Spediteurbescheinigung als Nachweis verwendet, ist darauf zu achten, dass sie „schulmäßig“ ausgefüllt ist. Fehlen geforderte Angaben und können diese Angaben nicht aus Belegen entnommen werden, auf die diese Bescheinigung verweist, ist damit zu rechnen, dass der Nachweis als formal unzutreffend verworfen wird. Generell gilt hierzu: Vorsicht! Der kleinste Mangel wird bestraft.
  • Bei Kurierdienstleistern ein „tracking-and-tracing-Protokoll“,
  • Bei Postsendungen eine Empfangsbestätigung des Postdienstleisters über die Entgegennahme der an den Abnehmer adressierten Postsendung und den Nachweis über die Bezahlung der gelieferten Ware.
  • Im Fall des Transports durch einen Spediteur oder einen anderen Beauftragten wird eine “spezielle” Spediteurbescheinigung anerkannt, die nicht den Ort und den Monat des Endes der Beförderung bestätigt, sondern die eine Versicherung des Spediteurs (oder des anderen Beauftragten) enthält, die Ware an den Bestimmungsort im anderen Mitgliedstaat zu befördern (so genannte “Spediteurversicherung”). Außerdem muss die Bezahlung der Ware von einem Bankkonto des Abnehmers nachgewiesen werden. Dabei wird auch ein Verfahren anerkannt, bei dem der Abnehmer z.B. ein Konzernverrechnungskonto nutzt, oder die Verrechnung über ein Clearing-Konto oder einen Rechnungsregulierer erfolgt.

Bei dem Nachweis durch Versendungsbeleg oder anderen handelsüblichen Beleg ist – wie bei der Gelangensbestätigung – ein Verweis auf andere Belege zugelassen (§ 17 Abs. 3 Satz 3 UStDV). Dies ist vor allem bei umfangreichen Teilelieferungen oder bei Lieferungen von zahlreichen unterschiedlichen Artikeln äußerst hilfreich. Außerdem ist eine Sammelbestätigung für längstens ein Kalendervierteljahr möglich.

Sofern die Finanzbehörde Zweifel daran hat, dass die Ware tatsächlich in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt ist, kann sie den Nachweis über die Gelangensbestätigung oder einen Alternativnachweis fordern.

3.    Beförderung durch den Käufer (Abholung)

Im Fall einer „Beförderung“ durch den Käufer (also Transport mit eigenem Fahrzeug des Käufers) kann der Nachweis nur durch eine Gelangensbestätigung geführt werden.

4.    Verkauf zulassungspflichtiger Fahrzeuge

Bei innergemeinschaftlicher Lieferung zulassungspflichtiger Fahrzeuge kann das Verbringen des Fahrzeugs im Fall der „Beförderung“ durch den Abnehmer (Abholfall mit eigenem Fahrzeug des Abnehmers oder auf eigener Achse) durch den Nachweis über die Zulassung des Fahrzeugs auf den Erwerber im Bestimmungsmitgliedstaat geführt werden.

5.    Zoll- oder Verbrauchsteuer-Dokumente

Weitere Alternativen, das Gelangen in einen anderen EU-Mitgliedstaat nachzuweisen, gelten für Waren, die im gemeinschaftlichen Versandverfahren oder als verbrauchsteuerpflichtige Waren geliefert werden. In diesen Fällen gilt das jeweilige zoll- oder verbrauchsteuerliche Dokument über die Erledigung des Verfahrens als Nachweis.